Alfalfa giftig?

Alfalfa

Medicago sativa

Alfalfa (Grünmehl) ist ein weiteres Kraut, das seit Jahrhunderten mit Erfolg bei allen möglichen Krankheiten und zur Nahrungsergänzung eingesetzt wird. Besonders bei trächtigen Tieren ist Alfalfa eine vitamin- und mineralreiche Futterergänzung.

Die Araber gaben Alfalfa seinen Namen Al-Fal-Fa, was Vater aller Nahrungsmittel bedeutet. Sie beobachteten, dass ihre Pferde schneller, stärker und gesünder waren, wenn sie regelmäßig Alfalfa bekamen. Viel Kräuterwissen entstammt Völkern, die von Nutztieren abhängig waren und deren Existenz u. a. davon abhing, präzise Beobachtungen zu der Wirkung von Heilpflanzen zu machen. Die Araber hätten wohl kaum Alfalfa an ihre heiligen Stuten verfüttert, wenn das zu Fruchtbarkeitsstörungen geführt hätte.

In der TCM wird Alfalfa eingesetzt um Nierensteine und Verdauungsstörungen zu behandeln. Alfalfa unterstützt die Leber, fördert die Verwertung von Fetten in der Nahrung, verhindert das Wachstum von Krebszellen, entsäuert und hilft bei aller Art Gelenkserkrankungen. Alfalfa hilft zudem bei morgentlicher Übelkeit, fördert die Bildung von roten Blutkörperchen, normalisiert den Hormonhaushalt, reduziert Blutungen nach der Geburt und unterstützt die Milchbildung. Alfalfa enthält sehr viel Calcium, Eisen, Zink, alle Vitamine insbesondere Vitamin K, Chlorophyll, Biotin und Spurenelemente.

 

Phytoestrogene in Alfalfa

Da Alfalfa Phytoestrogene enthält, wird leider manchmal empfohlen, auf dieses wunderbare Kraut bei Trächtigkeit zu verzichten. Ich versuche an dieser Stelle kurz zu erklären, wie es zu dieser Fehlinformation gekommen sein könnte.

Phytoestrogene sind in sehr vielen Lebensmitteln und Kräutern enthalten, z. B. Rosenkohl, Erdnüsse, Hefe, Kirschen, Pflaumen, Fenchel, Rotklee, Äpfel, rote Beete, Karotten, Erbsen, Gurken, Leinsamen, Hafer, Oliven, Olivenöl, Papaya, Petersilie, Kartoffeln, Kürbis, Reis, Weizen, Sonnenblumenkerne und Soja, um nur einige zu nennen. Dennoch werden all diese Lebensmittel von Frauen und auch weiblichen Tieren gegessen, ohne dass es zu Fruchtbarkeits- oder Geburtsstörungen kommt. Das liegt auch daran, dass Menschen und Hunde sich nicht ausschließlich von großen Mengen der o.g. Lebensmitteln ernähren.

Anders ist das im Agrarbereich. Oft werden Schafe, Rinder, Pferde oder Ziegen auf Weideflächen mit einem überwiegenden Anteil an phytoestrogenhaltigen Pflanzen wie Rotklee oder Alfalfa gehalten. Da diese zwei Pflanzen einen hohen Nährwert haben, macht das auch Sinn. Bei diesen Riesenmengen an Rotklee oder Alfalfa können die aufgenommenen Phytoestrogene zu vorübergehenden Fruchtbarkeitsstörungen führen.

Die Wirkung von Phytoestrogenen ist 1.000 mal schächer als die Wirkung von körpereigenen Östrogenen. Phytoestrogene sind keine echten Östrogene, sondern Pflanzeninhaltsstoffe, die in ihrer Struktur Östrogenen so ähnlich sind, dass sie im Körper Östrogene imitieren und umgekehrt auch als Östrogenantagonisten wirken können. Sind im Körper zuviele Östrogene vorhanden, konkurrieren die Phytoestrogene mit den Östrogenen um die freien Östrogenrezeptorenstellen. Docken genügend Phytoestrogene an den Rezeptorenstellen an, verursachen sie eine wesentlich mildere Wirkung im Organismus, als es die stärker wirkenden Östrogene tun würden. Sind zu wenig Östrogene im Körper vorhanden, docken die Phytoestrogene an den unbesetzten Östrogenrezeptoren an und verstärken so die östrogene Wirkung. Die Phytoestrogene in Alfalfa haben die Eigenschaft, den Hormonhaushalt bei Menschen und Tieren zu normalisieren.

In kleinen bis mäßigen Mengen führt Alfalfa lediglich zur Stabilisierung des Hormonhaushaltes und führt keineswegs zu Fruchtbarkeitsstörungen.

 

Alfalfa giftig?

Wenn man in Giftpflanzendatenbanken im Internet, z. B. bei der Datenbank des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie in der Schweiz (www.giftpflanzen.ch) nachschaut, findet man zu Alfalfa unter dem Stichwort Hund den Hinweis:
„Giftig + (in Ausnahmefällen), Erläuterung giftig +: Klinische Störungen nach Aufnahme grosser Pflanzenmengen.“
Des Weiteren: „Wirkungsmechanismen: Schaumige Gärung im Pansen wahrscheinlich durch lösliche, cytoplasmatische Proteine. Phytoestrogene können zu Fruchtbarkeitsstörungen führen.“

Exakt den selben Hinweis zu Alfalfa findet man unter den Stichwörtern Geflügel, Katze, Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Zoo- und Heimtiere.

 

Was hat das nun zu bedeuten?

Der Hundemagen wird nicht als Pansen bezeichnet, deshalb kann die schäumige Gärung nur bei Tieren mit Pansen, also Rinder, Schafe, Ziegen etc. auftreten. Geht man den Literaturhinweisen im Einzelnen nach, erhärtet sich der Verdacht, dass diese Giftmeldungen nur auf landwirtschaftliche Nutztiere zutreffen und nicht auf Hunde – die Studien und Literatur, die man zu Vergiftungen durch Alfalfa findet, beziehen sich nahezu ausnahmslos auf den Agrarbereich.

Es wurde z. B. festgestellt, dass Rinder und Schafe, die auf Alfalfaweiden grasten, eine schlechtere Fruchtbarkeit aufwiesen. Reduzierte man die Alfalfaaufnahme in den zwei Wochen vor der Befruchtung des Tieres, war die Fruchtbarkeit wieder normal (Adams 1989, Hall and Majak 1989).

Bei Hühnern, die mit übermäßigen Mengen an Alfalfa gefüttert worden waren, führten die Saponine in Alfalfa zu Wachstumsstörungen, die eine reduzierte Legekapazität nach sich zogen (Oakenfull, D., Sidhu, G. S. 1989).

Bei hellhäutigen Rindern, die auf Alfalfafeldern grasten, trat in seltenen Fällen eine Photosensibilisierung mit Hautläsionen auf (MacDonald, H. E. 1954).

Tatsächlich gibt es einen Bericht zu Vergiftungen bei Hunden, und zwar über Hunde, die nach dem Verzehr größerer Mengen an verdorbener Alfalfasilage Vergiftungen erlitten. Diese Vergiftungen hatten allerdings nichts mit der Alfalfapflanze an sich zu tun, sondern mit den durch Fäulnis entstandenen Toxinen, die in der Silage zu finden waren. Theoretisch ist eine leichte Vergiftung (Magen-Darmbeschwerden, Blähungen) durch Alfalfa möglich, wenn der Hund eine entsprechende Menge (über ein Pfund) fressen würde. Ein solches Unwohlsein könnte bei dem Verzehr großer Mengen von fast jeder Pflanze auftreten.

Es gibt einige Studien zur Toxizität von Alfalfasprossen und -samen. Alfalfasprossen und -samen enthalten die Aminosäure L-Canavanin, die in einer Studie mit Affen für den Ausbruch einer lupusähnlichen Erkrankung verantwortlich gemacht wird. Der Canavaningehalt in Alfalfa verschwindet mit zunehmender Reife der Pflanze, so dass die Gefahr bei Alfalfagrünmehl nicht mehr gegeben ist.

Obwohl es der Einnahme recht großer Mengen an Alfalfasprossen oder -samen bedarf, um Symptome einer Canavaninvergiftung auszulösen, würde ich grundsätzlich von der Fütterung von Alfalfasprossen und -samen an Hunde abraten, da die Sprossen zusätzlich mit Bakterien wie S. enterica and E. coli kontaminiert sein könnten.

In kleinen bis mäßigen Mengen ist Alfalfagrünmehl keineswegs toxisch und kann bedenkenlos an Hunde, auch trächtige Hündinnen verfüttert werden.