Homöopathie

Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden: Diese „Simile-Regel“ ist die Grundlage der Homöopathie, einer Heilmethode, bei der hochverdünnte mineralische, pflanzliche und tierische Substanzen eingesetzt werden. Oft hilft eine homöopathische Behandlung, wenn die Schulmedizin keinen Rat mehr weiß. Auch in der Tiermedizin werden homöopathische Mittel zunehmend mit großem Erfolg eingesetzt. Das zeigen die folgenden Fallbeispiele.

Die Geschichte der Homöopathie

Begründet wurde die Homöopathie durch Samuel Hahnemann, der 1755 in Meißen zur Welt kam.
Hahneman war schon als kleiner Junge ein hervorragender Schüler und so erhielt er trotz der Armut seiner Familie eine gute Ausbildung. Von 1775 – 1779 studierte er mit Erfolg Medizin, außerdem mehrere Sprachen und Chemie. Nach seinem Studium veröffentlichte er einige Arbeiten über Chemie und Medizin und übersetzte viele Texte aus dem Englischen, Französischen, Italienischen und Lateinischen ins Deutsche.

Damals war die ärztliche Kunst sehr beschränkt und häufig wurde der Patient durch die teilweise schmerzhaften Behandlungsmethoden noch kränker oder starb sogar an der Therapie. Gegen viele Krankheiten waren die Ärzte damals wie heute machtlos und viele suchten nach neuen Methoden.

Hahneman war zunehmend enttäuscht von der Schulmedizin, vor allem als er seinen eigenen Kindern nicht helfen konnte. Dieses führte dazu, dass er Medizin nicht mehr praktizierte und seinen Lebensunterhalt durch Übersetzungen und Arbeit in der Chemie bestritt.

Bei der Übersetzung von William Cullens Materia Medica kam Hahneman die Idee, Arzneimittel an sich selbst zu testen. Cullen hatte 20 Seiten über das Wechselfieber und dessen Behandlung mit der Chinarinde geschrieben, worauf Hahneman seinen ersten berühmten Arzneimittelversuch machte. Er stellte fest, dass die Einnahme von Chinarinde ähnliche Symptome hervorrufen konnte, wie sie bei einem an Wechselfieber Erkrankten auftraten.

Wegen der Ähnlichkeit des Effekts von Chinarinde an einem gesunden Menschen mit den Symptomen eines an Wechselfieber erkrankten Menschen nahm Hahneman an, dass die Heilwirkung eben aus dieser Ähnlichkeit resultiere, im Gegensatz zu Cullens Theorie. Ferner vermutete er, dass alle Arzneimittel nach diesem Ähnlichkeitsprinzip funktionieren, d. h. sie könnten Krankheiten heilen, die ähnliche Symptome haben wie die Wirkung des Arzneimittels am gesunden Menschen.

 

Daraus entstand seine Simileregel…

„Similia similibus curentur!“
„Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden!“

….und schließlich die Homöopathie

Griechisch:
homoio =  ähnlich
patheia = Zustand

 

Krankheit

„Wenn der Mensch erkrankt, so ist ursprünglich nur diese geistartige, in seinem Organismus überall anwesende, selbsttätige Lebenskraft (Lebensprinzip) durch den, dem Leben feindlichen, dynamischen Einfluss eines krankmachenden Agens verstimmt; nur das zu einer solchen Innormalität verstimmte Lebensprinzip kann dem Organismus die widrigen Empfindungen verleihen und ihn so zu regelwidrigen Tätigkeiten bestimmen, die wir Krankheit nennen, denn dieses, an sich unsichtbare und bloß an seinen Wirkungen im Organismus erkennbare Kraftwesen gibt seine krankhaften Verstimmungen nur durch Äußerung von Krankheit in Gefühlen und Tätigkeiten (die einzige, den Sinnen des Beobachters und Heilkünstlers zugekehrte Seite des Organismus), das ist durch Krankheits-Symptome zu erkennen und kann sie nicht anders zu erkennen geben.“

(aus § 11 Organon)

Hahneman erkannte, dass eine gewisse Empfänglichkeit für eine Krankheit da sein muss und es deswegen nicht auf das Eindringen eines Erregers ankommt, sondern vielmehr auf die Ausgangslage des Patienten. Der schulmedizinische Begriff Krankheit entspricht am ehesten dem homöopathischen Begriff Symptom. Krankheit im homöopathischen Sinne ist eine Verstimmung der Lebenskraft. Durch diese Verstimmung entwickelt der Kranke dann Symptome, z. B. Hautausschläge, Schmerzen, Verstimmungen. Der Erreger ist immer nur der Auslöser von Symptomen; die „verstimmte Lebenskraft“ und die darauffolgende Empfänglichkeit für den Erreger sind die eigentliche Krankheitsursache.

Akute Krankheiten würden ohne Behandlung entweder ausheilen oder zum Tode führen. Der Verlauf wird am besten durch folgende Attribute gekennzeichnet: rasch, schnell, plötzlich. Chronische Krankheiten zeigen keine Selbstheilung und verlaufen schleichend, langsam, schubweise.

Wirkung

Die eigentliche Wirkungsweise der Homöopathie ist noch nicht genau bekannt. Vermutlich wirkt die Homöopathie auf einer energetischen Ebene und regt den Organismus an, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Der gesunde Zustand wird durch die Selbstheilungskräfte erhalten. Durch externe, interne und seelische Einwirkungen wird die Harmonie des gesunden Zustandes gestört. Diese Disharmonie unserer Selbstheilungskräfte macht den Organismus „krank“. Wir erkennen das an den Symptomen. Die Homöopathie versucht nun mit den potenzierten Mitteln diese Harmonie wiederherzustellen, indem sie die Selbstheilungskräfte wieder so einstellt, daß der Lebenszustand „gesund“ wieder erreicht werden kann. Homöopathie bekämpft keine Symptome und unterdrückt somit nicht die Krankheit, sondern regt den Körper an, seine Selbstheilungskräfte einzusetzen, um die Harmonie wiederherzustellen. Weil Nebenwirkungen bei richtiger Anwendung der homöopathischen Mittel ausbleiben, spricht man von der „sanften Medizin“.

Nebenwirkung

Leider wird immer wieder zu Unrecht behauptet, homöopathische Arzneimittel hätten keine Nebenwirkungen.

Nimmt ein Patient über lange Zeit ein Mittel zu hoch dosiert ein, macht er ungewollt eine Arzneimittelprüfung. Diese durch das Mittel erzeugten Symptome können sich dann auch festsetzen und lassen sich nur schwer oder gar nicht rückgängig machen. Eine weitere Gefahr ist, dass akute Symptome nur unterdrückt werden und sich später als chronische Erkrankung zeigen. Werden in kurzer Zeit zu viele verschiedene Mittel gegeben, kann es ein weiteres Repertorisieren des Patienten unmöglich machen, bis die Wirkungen der Mittel nachgelassen haben oder den Fall so verschleiern, dass eine Heilung durch eine weitere homöopathische Behandlung nicht mehr möglich ist.

Eine weitere Nebenwirkung ist die sogenannte Erstverschlimmerung. Ist diese sehr stark, kann das ein Anzeichen für eine zu hohe Dosierung sein. Bei akuten Krankheiten kann die Erstverschlimmerung ein gutes Zeichen für die richtige Mittelwahl sein, bei chronischen Krankheiten ist sie eher unerwünscht.

Placebo-Effekt?

Eines der hauptsächlichen Argumente der Gegner der Homöopathie ist der Placebo-Effekt, d. h. der Patient kennt die Wirkung und erwartet sie, wodurch sie als psychosomatischer Effekt eintritt. Diese Argumentation verweist auf mangelnde Praxiserfahrung. Kleinkinder und Tiere reagieren ebenso sicher und zuverlässig auf die Medikamente wie Erwachsene.

Homöopathische Fallaufnahme

Die Erhebung der Krankengeschichte bei Tieren ist sehr zeitaufwändig. Es ist wichtig, die Gesamtheit der Symptome zu erfassen, wobei der Homöopath besonders auf die Symptome achtet, die laut Hahnemann „auffallend, sonderlich, ungewöhnlich und eigenheitlich (charakteristisch)“ sind, denn „vorzüglich diesen, müssen sehr ähnlichen, in der Symptomenreihe der gesuchten Arznei entsprechen“. Allgemeinen Symptomen wie Unruhe, Appetitlosigkeit, Müdigkeit usw. wird weniger Aufmerksamkeit geschenkt, denn solch allgemeine Symptome findet man bei fast jeder Krankheit und in fast jedem Arzneimittelbild.
Ebenfalls zu beachten sind alle anderen Gebrechen und früher durchgemachte Krankheiten und Verletzungen, sowie familiäre Belastungen, Haltung, Fütterung und seelische Verfassung.

Bei der Anamnese ist der Homöopath sehr auf die Beobachtungsgabe des Tierbesitzers angewiesen. Sind die Angaben des Tierbesitzers ungenau oder unzureichend, wird die Fallaufnahme dadurch erschwert. Wenn Sie mit Ihrem Hund zum Homöopathen gehen wollen, ist es ratsam, den Hund vorher gut zu beobachten; liegt er lieber im kalten Flur oder in der warmen Stube? Sind die Beschwerden stärker nach Bewegung? Besser im Freien? Besser oder schlechter nach dem Essen? Trinkt er viel oder eher wenig? Lieber kaltes oder auf Zimmertemperatur erwärmtes Wasser? Ist er eifersüchtig? Anhänglich? Oder eher ein Einzelgänger? Usw.

Die auslösende Ursache für die Erkrankung wird Causa genannt.

Die Umstände und Bedingungen, die zu einer Verbesserung oder Verschlechterung führen, werden Modalitäten genannt. Wenn zum Beispiel ein Hund sich immer wieder kratzt, ist es wichtig zu erfahren, wo und wann er sich kratzt, ob das Jucken gelindert oder verstärkt wird durch Wärme oder Kälte oder bestimmte Nahrungsmittel oder Umstände, usw.
Die Konstitution des Tieres ist auch ein wichtiger Anhaltspunkt.

Konstitutionsmerkmale sind z. B. Körperbau, Körperhaltung, Haut- und Haarfarbe und Hautbeschaffenheit, Gewebebeschaffenheit und Temperatur. Die Konstitution eines Tieres kann sich im Laufe seines Lebens oder der Behandlung verändern.

Es ist wichtig zu wissen, ob das Tier andere Medikamente bekommt oder andere Therapien an ihm durchgeführt werden und welche Medikamente oder Therapien in der Vergangenheit gegeben bzw. durchgeführt worden sind. Auch ist es wichtig zu erfahren, ob bestimmte Symptome bzw. Krankheiten familiär gehäuft vorkommen.

Letztendlich werden die gesamten Symptome des Tieres erfasst, Causa, Modalitäten, Konstitution, Verhaltenssymptome, Allgemeinsymptome und die vollständigen Lokalsymptome, um ein genaues Symptombild des Tieres zu erstellen.

Danach werden die einzelnen Symptome nach ihrer Wertigkeit geordnet, genannt Hierarchisieren. Hierbei versucht der Homöopath in erster Linie das Wesentliche, Einzigartige am Fall zu erkennen, um dadurch das passende Simile (ähnliches Mittel) zu finden.

Mittelwahl

Bestimmte Substanzen erzeugen in hoher Dosis typische Beschwerden und Symptome. Hat ein Patient solche Symptome, so hilft ihm die symptombildgleiche Substanz.

Zum Beispiel: Ein homöopathisches Medikament wird aus dem Gift der Buschmeisterschlange (Lachesis muta) gewonnen. Der Biss dieser Schlange kann tödlich sein und verursacht Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, schnellen Puls, Apathie, Kapillarschäden, septische, gangränöse, blau-rote Wunden u.a.

Für einen Patienten, der ähnliche Symptome zeigt, kann die homöopathisch stark potenzierte Form von Lachesis eine Heilung bewirken. Dieses Beispiel ist natürlich sehr vereinfacht; in der Tat werden bei einer homöopathischen Behandlung die Einzelsymptome und Symptomenbilder sehr genau studiert, um das ähnlichste Mittel zu finden.

Die Entscheidung für ein Symptombild wird fast nie auf einem einzigen Symptom basieren, sondern auf einer Gesamtheit der Symptome. Dabei werden viele weitere Faktoren in Betracht gezogen, wie die Psyche, der Typ und diverse Modalitäten. Mit Hilfe eines Repertoriums und einer ausführlichen Materia Medica läßt sich das passende Mittel finden.

Eine Materia Medica ist ein Buch, das einzelne Arzneimittelbilder beschreibt, welche jeweils aus einer Vielzahl von Symptomen bestehen. Dieses Bild sollte möglichst flächendeckend die Symptomatik des Tieres beinhalten.

Ein Repertorium ist ein Buch, in dem die Erkrankungssymptome nach (menschlichen) Organen oder Funktionsgruppen geordnet sind.

Beispiel: Schlägt man in Kents Repertorium die Rubrik „Hautausschläge“ auf, stehen unter „Empfindungen“ verschiedene, alphabetisch angeordnete Symptombeschreibungen wie beißend, brennend, juckend usw.
Diese werden weiter unterteilt nach Modalitäten, z. B. abends, kalte Luft, Wärme verschlechtert, usw.
Darunter findet man die Mittel, die dieses Symptom beinhalten, alphabetisch geordnet. Die Mittel werden außerdem nach ihrer Wertigkeit gekennzeichnet, d. h. Mittel mit einer hohen Wertigkeit sind fett gedruckt, Mittel mit einer mittleren Wertigkeit sind kursiv gedruckt, und Mittel mit einer geringeren Wertigkeit sind normal gedruckt.

Das sieht dann so aus:
Wärme – verschlechtert: Alum., Bov., Caust., Clem., Led., Lyc., Merc., Mez., Nat-a., Psor., Puls., Sulf.

Hier wäre das wichtigste Mittel Mercurius, zweitrangige Mittel wären Alum., Caust., Clem., Led., Lyc., Mez., Psor., Puls., und Sulf.

 

Der Homöopath schlägt in seinem Repertorium jedes Symptom nach und sucht die am häufigsten vorkommenden Mittel heraus. Oft ergibt sich hierdurch schon ein klares Bild, aber manchmal stehen mehrere Mittel zur Auswahl. In jedem Fall ist es wichtig, die Arzneimittelbilder in einer Materia Medica nachzuschlagen, um sicherzustellen, daß das Arzneimittelbild die gesamte Symptomatik des Tieres umfasst. Ergibt die Repertorisierung mehr als ein passendes Mittel, findet der Homöopath oft das Simile durch die genaue Betrachtung des ausführlichen Arzneimittelbildes in einer Materia Medica.

Potenzierung

Zur Herstellung homöopathischer Mittel werden mineralische, pflanzliche und tierische Produkte verarbeitet. Als Verdünnungsmedium dienen Äthanol, Wasser, eine Mischung aus beiden oder physiologische Kochsalzlösung für die flüssigen Triturationen (Verreibungen), während die Tabletten und Globuli aus Milchzucker hergestellt werden. Die flüssigen Verdünnungen werden zehnmal kräftig geschüttelt, die festen Darreichungsformen werden eine Zeitlang verrieben.

Es gilt die Regel: 5 Tropfen = 5 Globuli = 1 Tablette.

D-Potenzen:
Werden im Verhältnis 1:10 mit je 10 Schüttelschlägen verdünnt. 1 Tropfen der Ursubstanz wird mit 10 Tropfen Lösungsmittel gemischt. Man erhält eine Verdünnung D1 (= Dezimal). Wird D1 ein weiteres Mal zehnfach verdünnt, erhält man die Verdünnung (= Potenzierung) D2, d. h. wir haben jetzt eine hundertfache Verdünnung.

C-Potenzen:
Werden im Verhältnis 1:100 mit je 10 Schüttelschlägen verdünnt.

LM-Potenzen:
Werden im Verhältnis 1:50.000 mit 100 Schüttelschlägen verdünnt.

Q-Potenzen:
Q steht für Quinquagintamille, 50.000. Ausgangsmaterial ist die C3 als Trituration (Milchzuckerverreibung). Ein Gran (60 mg) davon wird in 500 Tropfen Alkohol aufgelöst. Davon wird ein Tropfen mit 100 Tropfen Alkohol vermischt, durch 100 Schüttelschläge erhält man Q1, damit werden Globuli imprägniert. Ein Globulus Q1 wird in einem Tropfen Wasser aufgelöst und mit 100 Tropfen Alkohol verschüttelt – Q2 und so weiter bis zur 30. Q-Potenz.

Nosoden

Griechisch: nosos = Krankheit
Nosoden sind Krankheitsprodukte, Mikrobenkulturen oder pathologische Sekrete und Exkrete, die steril in homöopathischen Verdünnungen eingesetzt werden.
Man kann Nosoden nach der Simileregel verabreichen oder wenn Familienbelastungen vorliegen. Auch bei – z. B. durch Antibiotika – unterdrückten Krankheiten können Nosoden angewandt werden.
Es gibt die Möglichkeit, Tiere durch Nosoden homöopathisch zu „impfen“, dies ist jedoch sehr umstritten. Ich persönlich würde sie nicht prophylaktisch anwenden, da diese Art von Anwendung nicht der Verfahrensweisen der klassischen Homöopathie entspricht und eine derartige Anwendung von Nosoden negative Auswirkungen haben könnte auf die Gesundheit des Tieres.